Tag 5 - Freitag, 29.07.2022

Die fertig gedruckte und getrocknete Auflage von gestern liegt bereit für den nächsten Schritt: ich habe mir überlegt einen zweiteiligen Text in die Karte einzudrucken. Ein Teil soll von einem Linolschnitt gedruckt werden und ein Teil von Bleibuchstaben.

Ich fertige also zunächst eine Skizze für den Linolschnitt und übertrage diese wieder in gewohnter Weise auf das Linol. 

Schon beim Zeichnen verabschiede ich mich von der Idee, beide Teile in einem Druckvorgang drucken zu können: Der Linolschnitt muss auf ein Brett geklebt werden, um die Schrifthöhe zu erreichen. Die Bleibuchstaben haben von sich aus schon die richtige Höhe. Ich möchte die beiden Teil recht nah aneinander drucken und müsste das Holz des Brettes zurechtsägen, um die Bleibuchstaben sehr dicht daneben stellen zu können.

Am Ende wird sich zeigen, dass es sogar ein Vorteil war, dass ich nicht beides gleichzeitig gedruckt habe.

Ich habe zwar schon etwas mehr Übung beim Linolschneiden, aber so richtig gut gelingt mir das noch nicht. Trotzdem habe ich eine neue Leidenschaft für mich entdeckt. Ich mag die Druckergebnisse von Linolschnitten sehr. Irgendwie ganz eigen!

Du kannst sogar Schinken und Speckschwarte abbilden! Leider hatte Christian kein Druckbeispiel von diesem Schnitt.

Die Farbränder auf dem Brett zeigen mir, wo der Linolschnitt mit der Silhouette klebte; dadurch kann ich den Schriftzug auf anhieb recht genau platzieren und ich brauche nur wenige Probedrucke bis ich zufrieden mit dem Stand bin.

Neben mir „singt“ mal wieder der Heidelberger Cylinder: heute werden die Fische und das Plankton gedruckt. Ich bin ein bißchen neidisch, dass Fred nicht so viel kurbeln muss.

Für den zweiten Teil aus Bleibuchstaben entscheide ich mich für die Technotyp schmalfett in 16 Punkt. Die Technotyp wurde 1948 von Herbert Thannhaeuser für Schelter & Giesecke entworfen. Schelter & Giesecke wurde später verstaatlicht und gehörte zur VEB Typoart und dort wurden anschließend die schmalfetten Schriftschnitte entwickelt (1951 und 1960).

Ich baue meine „Minikolumne“ auf das Fundament und dank genauer Messung benötige ich auch hier wenige Probedrucke für den gewünschten Stand. 

Aber ist der Stand wirklich gewünscht? Wir diskutieren, ob das Wort an dieser Stelle nicht renundant (überflüssig) ist, da es vom Bild geliefert wird.

Ich entscheide mich, einige mit und einige ohne „Kuss“ zu drucken. Irgendwie wirkt die Karte mit KUSS vollständiger (gestalterisch).

Entscheidet selbst.

 

Platz ist in fast allen Druckwerkstätten Mangelware, so auch hier. Ich habe nicht viele Plätze zum Aufhängen und so werden immer zwei Drucke gleichzeitig aufgehängt, Rückseite an Rückseite oder auch „Arsch an Arsch“, wie man hier sagt.

Nun noch Putzen – das ist bei dieser Maschine auch wieder anders als bei den Maschinen, die ich bisher kennen gelernt habe.

Zum Schluss noch zwei wichtige Tipps:

Bisher dachte ich, die äußerst starken Magnete lassen sich nur mit Hilfe eines anderen Magneten vom Fundament lösen. Heute habe ich gelernt, dass ich sie mit beiden Händen kippen und lösen kann. Sehr hilfreich!

Und es gibt einen Klischee-Anheber, mit dem es viel leichter ist, die Nyloprint-Klischees von den sehr starken Magentfundamenten zu lösen. Wenn ich zurück in Braunschweig bin, suche ich in der Werkstatt nach so einem Werkzeug; das gibt es dort bestimmt, nur habe ich es bisher nicht zuordnen können.

Eine Woche voller Eindrucke, äußerst lehrreich und mit vielen schönen Begegnungen geht zuende. Mein Projekt als Beitrag für das Druckfestival ist fertig geworden und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Und nun…

… Kuss und Schluß.