Tag 5 - Freitag, 25.02.2022

Diese Woche verging wie im Fluge und heute ist schon mein letzter Tag in Dachau. 

Sehr schade, ich hatte mich gerade so gut eingearbeitet in der kleinen Werkstatt von Willi Beck. Obwohl die Systematik der Ausschlußteile überall gleich ist (z.B. die Reglettenlänge in 8, 12, 16, 20 Cicero oder die Quadratengrößen in 2, 3 und 4 Cicero) ist doch jeder Werkstattbesitzer oder -leiter anders eingerichtet und es braucht eine Weile bis du weißt, wo du was findest.

 

Für mich heißt es aber heute Endspurt und Willi und ich wollen noch die Vereinskarte mit der zweiten Farbe bedrucken. Ich muss zunächst die Buchstabenform (oben) gegen die Buchstabentexte (unten) austauschen. Das ist ein bisschen wie Tetris: das eine Teil zur Seite schieben um das andere Teil einzufädeln. Und da die Blöcke nicht mehr ausgebunden sind (also mit der roten Kolumnenschnur zusammengebunden), muss ich sehr aufpassen, dass das Gebilde nicht auseinanderfällt. 

Die zweite Farbe soll ein grün werden (wir wollen im Frühlingsmodus bleiben). Dafür bedient sich Willi aus einer ganz neuen Farbdose. Das ist ehr selten, meistens musst du erst die eingetrocknete obere Schicht durchbrechen, um an die Farbe zu gelangen.

Der erste Druck sieht schon ganz gut aus, aber so wie auch am Tag zuvor müssen noch einige Korrekturen vorgenommen werden. Z.B. passt das „lh“ in der Überschrift noch nicht richtig, sowie das „Ch“ bei Chemnitz. Das ist jetzt Millimeter- bzw. „halber Punkt“-Arbeit, aber die Mühe lohnt sich und der Text sitzt perfekt. Leichte Schwankungen wird es immer geben, da bei einer Abziehpresse die Anlage nicht immer hundertprozentig exakt ist.

Das Grün gefällt uns auch noch nicht, da die Texte nicht so gut zu lesen sind und wir mischen es mit einem schönen Blau. Das ist jetzt lesbarer, bildet aber keinen so starken Kontrast zum schwarzen Text. Wir nehmen das aber zugunsten der Lesbarkeit in Kauf.

Der erneute Druck zeigt, dass nun wieder Unterlegungen erforderlich sind, da manche Buchstaben zu schwach gedruckt sind. „Dr. Beck“ ist wieder mit Tesafilm im Einsatz und am Ende sieht der Druck farblich ganz wunderbar aus. Aber zufrieden sind wir noch immer nicht, weil uns jetzt auffällt, dass in der unteren Form das „lh“ bei felherfrei nicht passt. Unser Ehrgeiz ist geweckt und wir korrigieren mit „Spatie rein“ und „Spatie raus“ so lange bis es passt.

Jetzt endlich können wir die Auflage drucken. Wir sind ein eingespieltes Team und so haben wir in kurzer Zeit alle Erstdrucke vom Tag zuvor mit der zweiten Farbe versehen.

Zu meinem Glück muss ich den Text nicht Ablegen (also zurück in den Setzkasten räumen) und vor allem muss ich nicht das ganze Ausschlußmaterial wegsortieren. 

Damit ich mehr Zeit für meine Projekte habe, hat Willi von vornherein gesagt, dass es das macht. Das finde ich SEHR zuvorkommend von ihm!

Allerdings muss ich selbst sehen, wie ich den Satz vom Fundament (so wird die Fläche an der Andruckpresse genannt, auf der das Druckbild platziert wird) auf das Setzschiff bekomme und dafür muss ich wieder Ausbinden. Im Fundament habe ich keine Anlage, wie auf dem Setzschiff, und das macht die Sache etwas schwieriger.

Willi zeigt mir noch, was eine Port-page ist: aus Karton wird/wurde eine Art Setzschiff geformt und darauf konnte ausgebundender Satz transportiert, aber auch als Stehsatz aufgestapelt und gelagert werden – die Buchstaben konnten durch den recht weichen Karton nicht beschädigt werden.

Zum Schluß noch eine kleine Einführung in die Technik des Kolumnenschnur-Aufwickelns und dann flugs Händewaschen und das wars dann. 

Leider!

Ich hätte noch so viel mehr machen können und wollen.