Tag 3 – Mittwoch, 19.07.2023

Beim Gautschen wird traditionell ein bestimmter Spruch (in Varianten) aufgesagt. Für mein eigenes Projekt auf dieser Walzstation habe ich mir überlegt, eine Karte mit diesem Spruch zu setzen und zu drucken. Illustrieren möchte ich diesen gern mit Wassertropfen im Hintergrund. 

Ich beginne ich den heutigen Tag mit Versuchen zur Gestaltung des Hintergrunds: zunächst mache ich Versuche mit Farbe auf einem Stein ausgerollt und dann mit Formenmittel angelöst. Ich bin jedoch nicht zufrieden mit dem Ergebnis – das sieht zu sehr nach Marmorierung aus.

 

Im Anschluss verwende ich einen Pinsel und angelöste bzw. verdünnte Farbe und spritze diese auf die vorgedruckten Karten (auf der Rückseite steht das Typorama als Absender; diese Karten sollen Teil der kommenden Ausstellung werden). 

Das Ergebnis ist schon ganz gut, nur die Farbe muss noch etwas heller werden. Hans ist heute wieder da und hilft mir dabei, das Blau mit Deckweiß aufzuhellen. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden und ich fertige nun ca. 30 Einzelstücke, jede Karte sieht anders aus.

 

Nach getaner Arbeit nutze ich die Zeit und sehe mich weiterhin in der Werkstatt um: ich bewundere die verschiedenen Druckmaschinen und entdecke ich ein interessantes Gerät. Percy erklärt mir, was dieser „Clichotron“ ist und wie er funktioniert: auf dem rechten Zylinder wird ein Foto aufgespannt und mit einer Linse abgetastet. Auf dem linken Zylinder ist eine Kunststoffplatte aufgespannt und in diese werden die Bildinformationen des Fotos mit einer Art Stichel übertragen. Zuvor werden noch Einstellungen zu Rasterweite und Gradation vorgenommen und am Ende entsteht eine Druckform, mit der das Foto im Hochdruck gedruckt werden kann. 

Faszinierend!

 

An anderer Stelle steht eine Fräsmaschine und ich lasse mir erklären, wozu diese benutzt wird und wie sie funktioniert: manchmal ist es notwendig, fertig gegossene Zeilen zu verkürzen, indem Material abgesägt wird. Mit Hilfe dieser Fräsmaschine wird im vorderen Teil das Stück zunächst grob auf Länge geschnitten und im weiteren Verlauf von einem Fräskopf auf die exakte Länge gefräst. Präzisionsarbeit!

 

Und weil wir gerade beim Erklären sind, bekomme ich gleich noch eine Erläuterung zur Ludlow-Setzmaschine. Sie ist sozusagen eine Kombination aus Handsatz und Zeilensetzmaschine wie z.B. die Linotype. 

In einem speziellen „Winkelhaken“ werden die Buchstaben ähnlich wie im Handsatz nebeneinander aufgereiht. Nur sind es in diesem Fall Matrizen (Negativformen) und keine Buchstaben auf einem Kegel. Die gefüllte Zeile wird im Anschluss in einen Rahmen gespannt und dort mit Blei ausgegossen. 

Das Ergebnis ist wie bei der Linotype eine ganze Zeile. Ein Vorteil ist auf jeden Fall, dass ich beim Setzen nicht „auf-dem-Kopf-und-seitenverkehrt” lesen muss!

 

Der arme Percy hat keine Ruhe vor meinem Wissensdurst: 

ich will noch wissen, wie ein Heidelberger Tiegel mit Heißfolienprägung funktioniert. 

Das geht so: die eingespannte Druckform wird erhitzt. Bei dem folgenden Druck wird zwischen Papier und Druckform eine spezielle Folie gelegt, die sich dann an den erhabenen Stellen der Druckform durch die Hitze von der Trägerfolie löst und auf das Papier aufgebracht wird. 

Die Ergebnisse sehen sehr edel aus!

 

Den Rest des Tages beschäftigen Percy und ich uns mit dem Tret-Stopp-Zylinder Andreas Hamm aus dem Jahr 1884

Der Druckvorgang an dieser Maschine ist sehr beeindruckend: zunächst einmal wird die Druckform, die auf einem flachen Fundament eingespannt ist, mit den Farbwalzen eingefärbt, dabei dreht sich der Zylinder oberhalb der Druckform nicht. Dann fährt der Wagen mit der Druckform zurück bzw. nach vorn. Auch jetzt dreht sich der Zylinder noch nicht. Das ist der Zeitpunkt zu dem das Papier angelegt werden muss. Im nächsten Schritt fährt der Wagen wieder nach hinten und dieses Mal dreht sich auch der Zylinder, sodass das Papier über das Druckbild rollt. Während nun das Druckbild erneut eingefärbt wird und nach vorne fährt, wird der bedruckte Bogen über eine weitere Walze und mit Hilfe von gespannten Bändern und speziellen Greifern am Ende der Maschine abgelegt. 

Alles Mechanik – verrückt!

 

Das Erzielen eines ordentlichen Druckbildes ist allerdings nicht so unkompliziert an dieser alten Maschine: Die Farbwalzen sind nicht mehr ganz in Ordnung und an der Druckform müssen wir auch noch einiges verändern. 

Es gibt so vieles zu beachten. Wir kommen einem guten Ergebnis zwar näher, aber perfekt ist es noch nicht. Morgen werden wir weiter daran arbeiten.

 

Zwischendurch betrachte ich noch die Ergebnisse meiner Versuche für den Hintergrund meiner Gautsch-Karte

Die Farbe ist sehr dick und flüssig aufgetragen und ich habe Zweifel, dass sie noch während meines Aufenthalts trocknen wird … 

Aus diesem Grund lege ich auf jede Karte eine weitere auf und versuche so, etwas Farbe abzunehmen. Es entstehen interessante Spiegelbilder der Originale. Gleichzeitig habe ich mein mögliche Auflage verdoppelt.

Ich hoffe, die Ergebnisse sind bald getrocknet.