Dieses und jenes zwischendurch

Ich habe wirklich sehr viel Zeit an der Andruckpresse verbracht und trotzdem habe ich nebenbei so einige sehr lehrreiche Dinge erfahren und spannende Projekte in der Werkstatt entdeckt.

Unter anderem:

Über das Klopfen mit dem Klopfholz:

Connys Klopfholz ist mit Papier bespannt. Warum? Er sagt, in dem Holz sammeln sich mit jedem Klopfen und Ablegen des Holzes feinste Späne und Staubpartikel an, die dann womöglich beim nächsten Klopfen auf die Buchstaben aufgebracht werden könnten. Papier ist viel glatter und kann ausgetauscht werden. Ich finde, das ist eine gute Idee um den Bleibestand zu schonen! Das ist im Gegensatz zu früher heute umso wichtiger, weil es keinen Nachschub an Buchstaben geben wird.

Auch der Hinweis, das Klopfholz „auf dem Rücken“ abzulegen ist sehr hilfreich zum Schutz der Bleibuchstaben. Wenn die Oberfläche, auf die das Holz abgelegt wird nicht ganz sauber ist, können auch auf diesem Wege Partikel auf die Bleischrift übertragen werden.

Conny hat sogar zwei Klopfhölzer: eines für schwarz und eines für bunt. Ich frage mich wieso, denn ich habe bisher die Schrift nur einmal geklopft – direkt, bevor ich die Farbe aufgetragen habe. Danach nicht mehr. Auch nicht, wenn ich die Form noch einmal geöffnet habe, um Korrekturen vorzunehmen. Demnach hatte ich auch bisher keine Farbe auf dem Klopfholz.

Conny belehrt mich eines Besseren: es ist wichtig, nach jedem Öffnen und vor dem erneuten Schließen der Form, wieder mit dem Klopfholz zu klopfen, um die Buchstaben auf eine Ebene zu bringen, da sie sich durch das Öffnen eventuell wieder verschoben haben könnten. Die Schrift ist dann schon eingefärbt und so kommt die Farbe ans Holz. Da macht es natürlich Sinn, wenn die schwarze Farbe auch nur für schwarz einzufärbende Schrift bleibt und nicht eine Schrift beschmutzt, die z.B. gelb eingefärbt wird.

 

Schrift abwedeln

Meine Technik war bisher so, dass ich die Form auf dem Fundament aufgebaut habe und die Form locker geschlossen habe. Im Anschluss habe ich mit Bürste und Reiniger die Schrift ordentlich „geschrubbt“, weil sie mitunter schon lange unberührt im Kasten lag und dreckig ist. Ich habe auch gehofft, dass sich die Buchstaben dadurch noch verschieben und auf eine Ebene ausrichten. Conny rät mir davon ab. Das Lösemittel, das ich aufbringe fließt auch zwischen die Buchstaben und kommt beim Drucken dann „hoch“, dementsprechend schlecht sieht dann das Druckergebnis aus. Er meint auch, dass die Schrift manchmal eine extra Reinigung benötigt, aber dann „wedelt“ er sie vor dem Drucken trocken, um ein sauberes Druckbild zu erreichen. 

Gute Sache, das!

 

Die Anlage an der Andruckpresse

An den Andruckpressen befinden sich meist mehrere Anlagemarken, die es ermöglichen, den Bogen exakt anzulegen. Conny hat an seiner Presse NUR die beiden Marken montiert, die für seine Auflage relevant sind. Wären auch die anderen montiert, bestünde die Gefahr, dass der Bogen „kippt“, weil er an unterschiedlich ausgerichteten Marken anliegt. 

Auch dies ein sinnvoller Hinweis für mich.

 

Künstlerisches Zurichten

In seinem kleinen Ausstellungsregal sehe ich auch die Formen, von denen Conny die Karten Blocksatz, Rundsatz, Flattersatz, Kreuz und Herz gedruckt hat. Dafür hat er aus einem Holz die entsprechende Form gesägt und diese dann mit Bleibuchstaben befüllt – so viele, dass nichts mehr wackelt. 

Es gibt Karten, auf denen die Form „normal“ abgedruckt wurde und es gibt die „Variation“. Hier hat er mit bewusst eingesetzter Zurichtung einen sehr schönen Farbeffekt erzielt: Zunächst wurde alles in rot gedruckt und im Anschluss wurde eine Zurichtung erstellt, die den auf der Karte sichtbaren roten Bereich ausspart. In einem zweiten passgenauen Druckdurchgang mit schwarzer Farbe wird diese nur an den Stellen auf das Papier übertragen, an denen durch die Zurichtung mehr Druck entstanden ist.

Sieht toll aus!

 

Tupfeffekt

Beim Saubermachen der großen Ziffer eins zeigt mit Conny noch, wie ich bewusst eine Struktur beim Druck erhalten kann: ich tupfe mit dem Lappen und ein wenig Putzmittel auf die eins und erhalte im Druck eine sehr schöne Struktur. 

Ähnliches habe ich auch bei Willi Beck in Dachau angewendet.

https://dietyporeisende.de/bei-willi-beck-in-dachau-tag-2/

Unbegrenzte Möglichkeiten!

 

Geschmacklos

In Connys Werkstatt hängen so einige Plakate. Zur Aufhängung nutzt er übrigens Hosenbügel (zu beziehen beim schwedischen Möbelhaus). Ich erkenne ein paar Plakate aus der Ausstellung in Alpirsbach wieder, sie wurden in seiner Werkstatt gedruckt.

https://dietyporeisende.de/alpirsbach/

Ich entdecke auch das Plakat „geschmacklos“. Die Geschichte dazu hat mir sehr gefallen:

Conny hat einige Texte gesetzt und alle zusammen auf dieses Plakat gedruckt. Er selbst hält sich für einen nicht so begnadeten Textgestalter. Also hat er kurzerhand das Plakat als geschmacklos eingestuft, zerknüllt und in einer Mini-Papprolle an die Setzerkolleg:innen verschickt mit dem Auftrag, sich einen Text zu wählen und diesen „schöner“ abzusetzen. Außerdem lautete ein weiterer Auftrag, das Plakat (entknüllt und vorsichtig glatt gestrichen) an unmöglicher Stelle aufzuhängen und davon ein Foto zu machen. Diese Fotos und die Drucke der gesetzten Texte hat er in einem Sammelband den Ursprungstexten gegenübergestellt. Es ist ein wunderschönes kleines Buch entstanden!

Ich habe auch ein geschmacklos-Plakat bekommen und ich habe es an einem besonderen Ort aufgehängt. Den Text suche ich mir noch aus. Zwar ist die Aktion beendet, aber ich finde die Idee super und mache einfach weiter.

 

Gesetztes Hamburg

Walter hat uns aus Hamburg ein paar Notizblöcke mitgebracht, die dort in der Druckwerkstatt entstanden sind. Ich bin sehr fasziniert von dem Exemplar, auf dem die Silhouette von Hamburg zu sehen ist. Walter berichtet, dass diese Silhouette im Bleisatz entstanden ist. Kaum zu glauben!

Das Original ist größer. Es wurde für den Druck auf die Blöcke reproduziert und ein verkleinertes Klischee erstellt. 

Nun aber weiter zum Endspurt!