Tag 2 - A und Y in gelb

Mein Plan für den heutigen Tag war eigentlich, nacheinander die Farben Gelb und Cyan zu drucken. Für den Workshop Letterpress und Linolschnitt muss jedoch die Andruckpresse am Nachmittag frei sein. Der Workshop ist ein offenes Angebot des Museums: du kannst dich anmelden und gegen Gebühr in der Satzwerkstatt arbeiten; entweder im Satz oder mit eigenen Motiven als Linolschnitt oder eine Kombination aus beidem.

Workshop Letterpress&Linolschnitt

Meine erste Farbe muss also bis mittags fertig gedruckt sein.

Zunächst schneide ich das Papier zu, das ich mir am Tag zuvor bei der Fa. boesner in der Leipziger Baumwollspinnerei besorgt habe. 

https://www.spinnerei.de/

Das Gelände der Baumwollspinnerei beherbergt etliche Ateliers und Galerien – wie praktisch, dass es dort auch gleich eine Bezugsquelle für ein riesiges Sortiment an Künstlerbedarf gibt.

Im nächsten Schritt mische ich die gelbe Farbe mit Lasurweiß, das unterstützt die Transparenz.

Die Standkorrekturen nach den ersten Andrucken sind minimal, nur das Druckergebnis stellt mich noch nicht zufrieden: die Buchstaben sind nicht gleichmäßig stark im Druck und ich muss „Zurichten“. Das habe ich ja bei Conny Hügelschäffer gelernt und geht mir schnell von der Hand. 

 

Sorge bereitet mir das Y: Der Holzbuchstabe ist sehr ramponiert. Mich wundert das, denn das Y ist nicht gerade ein Buchstabe, der sehr häufig benutzt und dabei in Mitleidenschaft gezogen wird. Dieses Y muss irgendwie anders zu Schaden gekommen sein. 

Mit einem beschädigten Buchstaben kann ich gut leben – das hat einen gewissen Charme, aber bei den Drucken kommt immer wieder schwarze Farbe aus „alten Zeiten“ zu Tage. Ich vermute, dass das Schwarz durch das Drucken wieder „hochgeholt“ wird. Das ist bei meinem Projekt. nicht so günstig, da ich ja möglichst „reine“ Farben übereinander drucken möchte. Immer wieder putze ich den Buchstaben und für 3–5 Drucke sieht es besser aus. 

Es kann auch sein, dass das Schwarz noch von vorherigen Drucken auf den Walzen ist. Manche Druckereien haben separate Walzen eigens für den Druck mit schwarzer Farbe, aber das ist ehr Luxus. Hans und Thomas raten mir, einen Druckdurchgang mit Deckweiß zu machen; das soll Abhilfe schaffen. Für heute reicht die Zeit dafür nicht – vielleicht versuche ich das morgen.

 

Für den geplanten Workshop am Nachmittag gab es keine Anmeldungen. Das bereitet mir Kapazitäten an der Andruckpresse. Für den Fall, dass doch noch eine teilnehmende Person kommt, arbeite ich mit schwarz, damit der- oder diejenige dann auch noch etwas drucken kann.

Ich nutze die Gelegenheit und drucke schonmal meine Schwarzform: den Text von Christian Morgenstern. 

Es ist sogar von Vorteil, jetzt das Schwarz zu drucken, denn es überlappt an keiner Stelle mit dem Gelb, das ja noch nicht ganz durchgetrocknet ist. 

Auch hier gibt es nur minimale Standkorrekturen und ich kann schnell die Auflage abarbeiten. Ich bin für heute zufrieden mit meinem Ergebnis. Das Gelb ist nicht optimal, aber für meine Zwecke reicht es hoffentlich. Das werde ich morgen sehen, wenn ich die zweite Farbe darüber drucke.

 

Wie immer, wenn schon Farbe auf den Walzen ist, drängt es mich, das zu nutzen und noch etwas mehr zu drucken (damit sich der Aufwand des Putzens auch lohnt).

Schon bei meinem ersten Gang durch die Setzerei entdeckte ich die Schrift „Futura steil“ in normal und fett kursiv. Mir gefiel sie für den Text „Die Nacht“ von der Lyrikerin Mascha Kaléko. Die beiden Schnitte ermöglichen es mir, die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Nacht zu verdeutlichen. Ich bin zufrieden mit meinem Druckergebnis.

Morgen geht es dann mit Cyan weiter.